Plesiomorphie

Als Plesiomorphie (von altgriechisch πλησίος plēsíos „benachbart“, und μορφή morphḗ „Form, Gestalt“) bezeichnet man in der entwicklungsbiologischen Systematik und Kladistik eine ursprüngliche Merkmalsausprägung, die vor der betrachteten Stammlinie entstanden ist und in dieser unverändert erhalten blieb. Der Gegenbegriff zur Plesiomorphie ist ein neu erworbenes Merkmal, eine Apomorphie. Die Einordnung als „ursprünglich“ oder „neu erworben“ ist relativ, da sie stets von den beiden betrachteten Linien (Taxa) abhängt.

Beispielsweise ist das Merkmal der Vierfüßigkeit bei der Entwicklung der fossilen Reptilien aus fossilen Amphibien eine Plesiomorphie, da alle Teilgruppen der Landwirbeltiere ursprünglich vier Gliedmaßen besaßen. Im Vergleich der Landwirbeltiere mit den fossilen Fleischflossern handelt es sich bei der Vierfüßigkeit dagegen um eine Apomorphie, da das Merkmal gegenüber der zu den Knochenfischen gehörenden Stammgruppe neu erworben wurde. Ebenso stellt die spätere Rückbildung der Extremitäten bei Schlangen eine Apomorphie dar, denn die fossilen Reptilien weisen ursprünglich vier Extremitäten auf.

Beide Konzepte und Bezeichnungen gehen auf den deutschen Entomologen und Begründer der Kladistik Willi Hennig zurück.[1]

  1. Stefan Richter, Rudolf Meier: The development of phylogenetic concepts in Hennig’s early theoretical publications (1947–1966). Systematic Biology. Bd. 43, Nr. 2, 1994, S. 212–221, doi:10.2307/2413462 (alternativer Volltextzugriff: ResearchGate).

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